Geschwisterkind trotz Kind mit Behinderung?

Hallo ihr lieben,

Vielleicht finde ich hier ja Erfahrungen.

Mein Sohn hat einen angeborenen Gendefekt (nicht vererbt).

Eigentlich wollten mein Mann und ich immer zwei Kinder. Nun zweifeln wir aber daran ob wir dem kleineren Kind ein Leben als Schattenkind zumuten können.

Habt ihr euch bewusst nochmal für ein Kind entschieden?

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Ich kann zwar nicht aus eigener persönlicher Erfahrung sprechen, arbeite aber mit Kindern mit verschiedenen Diagnosen und deren Familien.
Erst einmal finde ich, diese Entscheidung müsst ihr ganz alleine treffen. Niemand weiß wie eure Kapazitäten aussehen, wie eingespannt ihr momentan schon seid oder wie es dann letztendlich mit einem zweiten Kind aussehen wird. Und von der Diagnose deines 1. Kindes abgesehen - das weiß man nie!
Ich habe Freundinnen, bei denen ist nach dem 2. gesunden Kind schon alles aus dem Ruder gelaufen und ich kenne viele Familien, die nach einem ersten Kind mit Beeinträchtigung noch ein oder zwei weitere Kinder bekommen haben - die meisten dann ohne Handicap, einige aber auch wieder mit. Viele bekommen es sehr gut geregelt, die Kinder sind sehr eng miteinander und der Alltag ist trotzdem gut zu stemmen ohne dass irgendjemand auf der Strecke bleibt.
Nur ihr alleine könnt eure Situation und eure Kapazitäten beurteilen und wenn ihr sagt - ja, wir können uns das gut vorstellen und weder das zweite Kind noch wir als Paar werden komplett hinten runter fallen, dann tut es.
Wäre es umgekehrt gewesen und ihr hättet erst ein "gesundes" Kind bekommen, und danach eines mit Diagnose, wäre die Situation ja schlussendlich auch nicht anders.

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Vielen lieben Dank für diese tolle Antwort 😊

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https://youtu.be/MJQM3Qmacm0?si=zGaE-THOB_C1lgnY

Meine Kinder waren früher mit den Beiden zusammen im Kindergarten und in der Schule. Auch ich hatte damals engeren Kontakt mit der Mutter. Die jüngeren Schwestern hatten nicht unter ihrem großen Bruder gelitten.

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Schattenkinder müssen ja nicht immer im Schatten stehen. Es gibt Geschwisterseminare (wenn das Kind älter ist), wo es auch msl offen sagen darf, dass es sein Geschwister manchmal hasst. Ihr könnt dem Kind Exklusivzeit geben, vielleicht das Ältere mal in Kurzzeitpflege geben, damit ihr mal was machen könnt, ohne auf die behinderungsbedingten Bedürfnisse zu schauen. Ihr könnt die Freundschaft zu anderen Kindern fördern....

In alles andere wächst das gesunde Kind schon irgendwie rein. Millionen Kinder müssen zb mal kurz auf den kleinen Bruder aufpassen, auch wenn sie grad keinen Bock haben, bei deinem Kind ist es vielleicht die große Schwester....

Solange ihr das gesunde Kind nicht aus den Augen verliert, sehe ich keine Probleme.

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Ich glaube sowas ist sehr gut machbar. Solange man jedem Kind mal ne besondere Zeit gibt. Kinder wachsen da rein. Klar genervt oder sauer sind die Kinder manchmal weil sie evtl mal mehr Mama oder Papa wollen.aber das ist bei gefunden Kindern ebenso. Aber wenn man zb nen Mama Kind Date macht und Papa passt auf oder umgekehrt … ich glaube liebe und Zusammenhalt ist wichtig.

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Kommt darauf an.
Wenn es eine vererbbare Krankheit wäre, dann nicht. Da würde es tatsächlich auf die Wahrscheinlichkeit ankommen.
Wieviel Aufwand bedeutet die Krankheit des Kindes ? Muss man eine 24-Stunden-Pflege leisten ? Könnte man das kranke Kind auch mal fünf Minuten alleine lassen ? Wieviele Arzt-und Therapietermine habt ihr ? Könnte das kranke Kind auch mal durch eine andere Person betreut werden ? Habt ihr generell jemanden, der regelmäßig in der Familie aushelfen kann ?
Grundsätzlich verstehe ich den Wunsch, noch ein gesundes Kind zu haben. Wenn ihr zusätzliche Hilfe habt, dann wäre es doch eine Option für euch.

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Oben steht dass es nicht vererbt ist. Ich finde es merkwürdig wie du darauf schließt dass ich noch ein "gesundes" Kind möchte. Mein Sohn ist mir genauso viel wert.

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<<<Mein Sohn hat einen angeborenen Gendefekt (nicht vererbt).<<<

Liebe TE,

was für ein Gendefekt hat dein Sohn? Wie eingeschränkt ist er denn? Dann sind so Fragen, die ich stelle, um sich ein genaueres Bild zu machen.

Wir haben die Konstellation, dass unser zweiter Sohn frühkindlichen Autismus (ist schon erwachsen wie der große Bruder)
hat. Wir hatten uns gegen ein drittes Kind (war mal so ein Gedanke) entschieden. Erstmal waren die zeitlichen Kapazitäten nicht da. Unser Autist hatte im Grundschulalter Weglauftendenzen, Schlaf war Mangelware (und dann ein Baby was nicht durchschläft, nein danke) und da waren auch noch Wutanfälle und Autoaggressionen. Er musste ständig beaufsichtigt werden.
Und da wäre ein Baby oder Kleinkind fehl am Platze.

Kommt natürlich auf die Behinderung des Kindes an.

LG Hinzwife

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Ich denke nicht, dass man das pauschal sagen kann. Das kommt sehr auf die Behinderung und ihre Ausprägung an.
Und auch auf euch - auf eure Kapazitäten, Wünsche und Vorstellungen.

Ich kenne eine Familie mit 4 Kindern, von denen einer das Downsyndrom hat - dort ist es kein Problem.
Ich kenne eine andere Familie, 2 Kinder, eines mit DiGeorge-Syndrom. Schon schwieriger.
Eine dritte Familie mit zwei Kindern, eines mit geistiger Behinderung (weiß nicht, welche) - Katastrophe, das nicht-behinderte Kind ging immer völlig unter und hat heute als Erwachsener ein schwieriges Verhältnis zu ihnen.

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Danke für eure Erfahrungen. Ich merke schon dass kann man nicht pauschalisieren.

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also ich kenne einige Familien, wo das zweite Kind kein Schattenkind ist --- diese Familien sind sich der Situation bewusst und nehmen sich eben bewusst Zeit für Nummer 2 und sorgen dafür, dass es sich nicht vernachlässig fühlt.

Diese Geschwister sind allesamt zu ganz tollen Menschen herangewachsen, die vielen anderen Menschen eine Menge voraus haben in soooo vielen Punkten....

Stellt euch doch die Frage, wie ihr das im Alltag umsetzten könnt? -- wenn man z.B. nicht nach 3 Jahren wieder Vollzeit arbeiten muss, hat man genug Zeit für beide Kinder für Unternehmungen und Alltagsaufmerksamkeiten.
Es kommt doch letztlich auch drauf an, was für eine Behinderung Nummer 1 hat. - Pflegefall zuhause oder den ganzen Tag in einer Betreuten Einrichtung? -- jeder Fall zeichnet zuhause für Nummer 2 ein anderes Bild und andere Möglichkeiten.

Mein Patenkind war z.B. immer im Kindergarten - Sonderschule - jetzt BehindertenWerktstatt.... für Nummer 2 war eigentlich immer viel Zeit, weil z.B. nummer 2 schon zum MIttagessen heimkam und die große bis 16h in der Betreuung war...
Tatsächlich hat die Mutter für Nummer zwei mehr Exklusivzeit gehabt, als ich mit meinem 2 normalen Kindern, die beide mittags gleichzeitig nach Hause kommen und beide Hilfe bei den Hausaufgaben brauchen und beide Hobbytaxi brauchen etc....

Denkt doch einfach mal über fiktive spätere Tagesabläufe bei euch passend zum Ausmaß der Behinderung des großen nach? -